HdM Stuttgart
 
 

IV. HdM-Symposium zur Medienethik


Medien - Wirtschaft - Ethik:
Eine Frage des Vertrauens?
 
7. - 8. Dezember 2004
 
Veranstalter
Prof. Dr. Rafael Capurro 
Prof. Dr.  Petra Grimm
 
Mit Unterstützung des Referates für Technik- und Wissenschaftsethik an den Fachhochschulen des Landes Baden-Württemberg 



 
 
 
Tagungsankündigung
 
"Das ist das einzige Land, wo diejenigen, die erfolgreich sind und Werte schaffen, deswegen vor Gericht stehen". Dieser inzwischen berühmte Satz von Josef Ackermann ist (leider) Programm. "Manager ohne Bodenhaftung" betitelte Holger Steltzner im Leitartikel der F.A.Z. (20.2.2004) die Situation derjenigen Manager, die sich stets in der "siegesgewissen Pose mit Victory-Zeichen"  ablichten lassen. Ackermann korrigierte die Deutung des V-Zeichen, indem er meinte, er wollte Michael Jackson imitieren. Der Supermanager als Medienstar aber mit dem falschen Outfit nämlich makelloser Frisur, Maßanzug und dem ständigen Reklamelächeln einer Zahnpastafirma. In Wahrheit verliert so das Management nicht nur die rechtliche, sondern auch die moralische Bodenhaftung. Hochmut und Habgier gelten dann als die alleinigen Maßstäbe wirtschaftlichen Handelns, jenseits oder diesseits des rechtlich Erlaubten. Abfindungen und Prämien in kaum nachvollziebarer Höhe sind der angemessene award der Aktionäre und deren Aufsichtsräte. Denn, wer hart arbeitet, soll ja auch entsprechend belohnt werden. Und hart arbeiten heißt Werte schaffen, ökonomische Werte, versteht sich, ohne Rücksicht auf soziale Verluste. Man kann ohne Übertreibung von Steinzeitkapitalismus sprechen. Das Ergebnis ist nicht in ökonomischen Ziffern zu messen, nämlich ein massiver Vertrauensverlust in die individuellen und institutionellen Akteure der Wirtschaft. Die ehrbaren Unternehmer spüren dies und gehen auf Distanz gegenüber den Managern.

Vertrauen ist eine moralische Kategorie die eng mit der Reputation eines Unternehmers und eines Unternehmens zusammehängt. Sie läßt sich nicht politisch diktieren und auch nicht durch rechtlichen Zwang (wieder-)herstellen, sondern kann nur von den Akteuren und den Institutionen selbst in Eigenverantwortung und im offenen Wettbewerb gewonnen werden, wie die von der Financial Times geführte Umfrage über die "World's most respected companies" (20. Januar 2004) zeigt. Ein Nachdenken über Vertrauensmaßstäbe wirtschaftlichen Handelns in der globalisierten Mediengesellschaft tut offenbar not.

Was ist konkret unter Integrität (integrity) und soziale Verantwortung eines Unternehmens/eines Unternehmers (corporate social responsibility als Kern von corporate governance) zu verstehen? Wie werden Vertrauenskrisen eines Unternehmens/eines Unternehmers sowohl unternehmensintern als auch gegenüber der Gesellschaft medial vermittelt? Inwieweit schließt die moralische Verantwortung eines Unternehmens auch ökologische Aspekte ein? Wie lassen sich die Vertrauensmehrwerte einer Unternehmenskultur konkret messen und medial vermitteln? Inwieweit stellen sich diese Fragen bei einem Unternehmer anders und als bei einem Manager? Wie stellen sie sich auf den unterschiedlichen Ebenen eines Unternehmens in ihrer jeweiligen Wechselwirkung dar? Wie is das Verhältnis zwischen Individual- und Institutionenethik bei global agierenden Unternehmen/Unternehmern aufzufassen? Welche Rolle spielen Instrumente wie Wertemanagement-Systeme, Ethikkodizes, Ethik-Beratung und Ethikräte oder öffentliches Ranking bei der Lösung dieser Probleme? Welche Rolle spielt der Universalisierungsansatz der Moderne (Kant) im Unternehmenshandeln und inwieweit muß ein Unternehmen die Folgen seiner Handlungsmaximen für die Gesellschaft und die Umwelt im Sinne von Max Webers "Verantwortungsethik" mitbedenken? Wo bleibt der Anspruch der jeweiligen Situation - zwischen der Abstraktheit der universalisierbaren Maximen und der Partikularität von Lebensstilen -  mit ihren konkreten Verbindlichkeiten? Wie lassen sich diese ermitteln, legitimieren und medial vermitteln? Wie lassen sich die zu gewinnenden Vertrauensmehrwerte in einem Unternehmen nachhaltig verankern? Inwieweit lassen sich lokale Werte in einer globalen corporate identity integrieren ohne in Kulturkolonialismus zu verfallen? Was passiert, wenn ein Unternehmen mit unterschiedlichen Wertmaßstäben an verschiedenen Standorten agiert und wie wird eine solche Strategie gegenüber dem Vorwurf der Doppelmoral jeweils begründet? Was geschieht im Falle eines Konflikts zwischen den individuellen Wertmaßstäben eines Managers und denen seiner/ihrer Firma?  Kurz: Wo ist die Schnittmenge zwischen Moral und Ökonomie in einer globalisierten und medialisierten Wirtschaft? Welche Schlußfolgerungen sind schließlich in Bezug auf die Ausbildung von künftigen Unternehmern und Managern zu ziehen oder wie sollte Wirtschafts- und Unternehmensethik gelehrt werden und mit welchen Zielen?

"Wirtschaft braucht ethische Fundierung. Unternehmertum ist Wert schaffen auf der Basis moralischer Werte. Deshalb wird der Bundespräsident als Ökonom auch über Ethik reden. Nehmen wir den Schutz des menschlichen Lebens. Die Verantwortung hat die Politik. Aber der Bundespräsident kann und muss in dieser Frage um Chancen, Risiken und Grenzen eine Meinung haben." (Horst Köhler im Gespräch mit Helmut Schmidt. In: Deutschland vom Pessimismus befreien, DIE ZEIT Nr. 13, 18. März 2004, 59. Jg., S. 9)

Ethische Reflexion kann selbst keine Handlungsanweisungen, sondern lediglich Handlungsanleitungen und Argumentationshilfen anbieten. Das IV. HdM-Symposium zur Medienethik will einen Beitrag dazu leisten.
Anmeldung bei medienethik@hdm-stuttgart.de bis zum 15.11.2004.

 

Vorläufiges Programm
 
Dienstag, den 7.12.2004 

10.00 – 10.15 Uhr Eröffnung: Prof. Dr. Uwe Schlegel, Rektor der Hochschule der Medien 
10.15 – 10.30 Uhr Einführung: Prof. Dr. Rafael Capurro

I. Grundfragen der Wirtschaftsethik: Worauf gründet das Vertrauen gegenüber einem Unternehmen/eines Unternehmers in einer globalisierten Wirtschaft?

10.30 – 11.30 Uhr Dr. Christoph Lütge, Universität München, Lehrstuhl für Philosophie und Ökonomik: "Unternehmensethische Überlegungen zum Verhältnis von Moral, Eigeninteresse und Vertrauen"
11.30 – 12.30 Uhr Verleihung des META-Award 2004
12.30 – 14.00 Uhr  Mittagspause
14.00 – 15.00 Uhr
Dr. Thomas Schauer, European Support Centre of the Club of Rome, Global Society  Dialogue: "Und bist Du nicht willig, dann brauchst Du Gesetze:
Die Verantwortung von Staat, Unternehmen und Verbrauchern in der
Informationsgesellschaft".

15.15 – 16.15 Uhr Christian Knull, Ernst-Schneider-Preis der deutschen Industrie- und Handelskammern e.V.
16.30 – 17.30 Uhr
Prof. Dr. Christoph Hubig (Universität Stuttgart): "Medialität und Vertrauen"


Mittwoch, den 8.12.2004

II. Wirtschaftstethik in der Unternehmenspraxis: Wie werden individuelle und institutionelle Vertrauensmaßstäbe unternehmensintern und gegenüber der Gesellschaft vermittelt?

9.30 - 10.45 Uhr Günter Ederer (Wirtschaftsjournalist): "Ethik, Lobby oder Cash? Was bestimmt die Wirtschaftsberichterstattung?"
11.00 - 12.00 Uhr Marduk Buscher (mediatrend.de):
"Social Sponsoring als PR-Instrument"
12.15 - 13.15 Uhr  Dr. Annette Kleinfeld (Dr. Kleinfeld & Partner Corporate Excellence Consultancy): "Praktische Ethikberatung. Kulturgestaltung und Ethik"
13.15 - 14.30 Uhr  Mittagspause 
14.30 - 16.00 Uhr Prof. Dr. Josef Wieland, Zentrum für Wirtschaftsethik (ZfW): "Corporate Governance und WerteManagement"


Referenten


Dr. Christoph Lütge, Universität München, Lehrstuhl für Philosophie und Ökonomik
Dr. Annette Kleinfeld (Dr. Kleinfeld & Partner Corporate Excellence Consultancy)
Prof. Dr. Christoph Hubig, Universität Stuttgart, Institut für Philosophie, Abteilung für Wissenschaftstheorie und Technikphilosophie
Christian Knull
Ernst-Schneider-Preis der deutschen Industrie- und Handelskammern e.V.
Prof. Dr. Josef Wieland,
Zentrum für Wirtschaftsethik (ZfW)
Dr. Thomas Schauer, Club of Rome, Global Society  Dialogue
Günter Ederer, Wirtschaftsjournalist
Marduk Buscher, Geschäftsführender Gesellschafter mediatrend.de



HdM-Symposien zur Medienethik

  • III. HdM-Symposium zur Medienethik (2003)
  • "Cool, connected, charming –  Tugenden der Medienkultur?"
    Veranstalter: Prof. Dr. Roland Mangold, Prof. Dr. Petra Grimm, Prof. Dr. Rafael Capurro, 25.-26. November 2003. Proceedings in Druck.
     
  • II. HdM-Symposium zur Medienethik (2002)
  • "Krieg + Medien - Verantwortung zwischen apokalyptischen Bildern und paradiesischen Quoten?"
    Veranstalter: Prof. Dr. Petra Grimm, Prof. Dr. Rafael Capurro
    Publikation: P. Grimm, R. Capurro Hrsg.: Krieg + Medien - Verantwortung zwischen apokalyptischen Bildern und paradiesischen Quoten? Schriftenreihe Medienethik  Band 4, Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2004.
     
  • I. HdM-Symposium zur Medienethik (2001)
  • "Menschenbilder in den Medien - ethische Vorbilder?"
    Veranstalter: Prof. Dr. Petra Grimm, Prof. Dr. Rafael Capurro.
    Publikation: P. Grimm, R. Capurro Hrsg.: Menschenbilder in den Medien - ethische Vorbilder? Schriftenreihe Medienethik Band 1, Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2002.

ICIE Symposien zur Informationsethik

  • II. ICIE-Symposium zur Informationsethik (2002): Digital Divide aus ethischer Sicht Veranstalter: International Center for Information Ethics (ICIE) 
  • Professur für Christliche Sozialethik an der Universität Augsburg (Prof. Dr. Thomas Hausmanninger). Publikation: Rupert Scheule, Thomas Hausmanninger, Rafael Capurro Hrsg.: Vernetzt gespalten. Der Digital Divide aus ethischer Sicht. Schriftenreihe des ICIE, Bd. 3, München: Fink Verlag (2004).
     
  • I. ICIE-Symposium zur Informationsethik (2001): Konzepte der Informationsethik
  • Veranstalter: International Center for Information Ethics (ICIE) Professur für Christliche Sozialethik an der Universität Augsburg (Prof. Dr. Thomas Hausmanninger). Sponsor: VolkswagenStiftung. Publikation: Thomas Hausmanninger, R. Capurro Hrsg.: Netzethik. Grundlegungsfragen der Internetethik. Schriftenreihe des ICIE, Band 1, München: Fink Verlag 2002.

Studentische Workshops
  

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Literatur

 
Wilhelm Korff u.a. Hrsg.: Handbuch der Wirtschaftsethik. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1999,  2924 Seiten, 4 Bände.


Aufderheide, D.: Unternehmer, Ethos und Ökonomik. Moral und unternehmerischer Gewinn aus der Sicht der neuen Institutionenökonomik. Berlin 1995.
 

Berkel, K., Herzog, R.: Unternehmenskultur und Ethik. Heidelberg 1997 

Fischer, Peter; Hubig, Christoph; Koslowski, Peter Hrsg.: Wirtschaftsethische Fragen der E-Economy. Heidelberg: Physica Verlag 2003.

Forum für Philosophie, Hrsg.: Markt und Moral. Die Diskussion um die Unternehmensethik. Bern/Stuttgart/Wien 1994. 

Groarke, L. Hrsg.: The Ethics of the New Economy: Restructuring and Beyond. Waterloo (Ontario/Canada), Wilfried Laurier University Press 1998.

Hagen, Andreas: Moralischer Verfall bei den Wirtschaftseliten? In: telepolis 22.05.2004. 

Kreikebaum, H.: Grundlagen der Unternehmensethik. UTB, Stuttgart 1996.

Kreikebaum, Hartmut; Behnam, Michael; Giltert, Dirk Ulrich: Management ethischer Konflikte in international tätigen Unternehmen. Wiesbaden 2001.

Kumar, B.N., Steinmann, H. Hrsg.: Ethics in International Management. Berlin/New York 1998.

Lay, Rupert: Ethik für Manager. Düsseldorf 1991, 2. Aufl. 

Leisinger, K. M.: Unternehmensethik. Globale Verantwortung und modernes Management. München 1997.
 

Lenk, H., Maring, M. Hrsg.: Wirtschaft und Ethik. Stuttgart 1992. 

Löhr, A.: Unternehmensethik und Betriebswirtschaftslehre. Nürnberg 1991. 

Maak, Th.: Die Wirtschaft der Bürgergesellschaft. St. Galler Beiträge zur Wirtschaftsethik. Bd. 26, Bern/Stuttgart/Wien 1999. 

Maak, Th, Lunau, Y. Hrsg.: Weltwirtschaftsethik. Globalisierung auf dem Prüfstand der Lebensdienlichkeit. St. Galler Beiträge zur Wirtschaftsethik, Bd. 20, Bern/Stuttgart/Wien 1998. 

Noll, Bernd: Wirtschafts- und Unternehmensethik in der Marktwirtschaft. Stuttgart 2002.

Schreyögg, Th.: Handbuch der Organisation. Stuttgart 1992 

Ulrich, Peter: Transformation der ökonomischen Vernunft. Bern/Stuttgart 1986. 
-: Integrative Wirtschaftsethik. Bern/Stuttgart/Wien 2001, 3. Aufl.

Vogelsang, Gregor; Burger, Christian: Werte schaffen Wert.Warum wir glaubwürdige Manager brauchen. München 2004.

Wörz, Michael: System und Dialog. Wirtschaftsethik als Selbstorganisation und Beratung. Stuttgart 1994.


HdM-Schriftenreihe zur Medienethik

     menschenbilder 
     
  • R. Capurro: Ethik im Netz. Stuttgart: Franz Steiner Verlag. HdM-Schriftenreihe zur Medien-Ethik, Bd. 2 (2003), 278 S.
  • ethik im netz 
     

  • Petra Grimm, Sandra Horstmeyer Hrsg. unter Mitarbeit von Jutta Weiß und Marc Calmbach: Kinderfernsehen und Wertekompetenz. Stuttgart: Franz Steiner Verlag (2003) HdM-Schriftenreihe zur Medien-Ethik, Band 3, 257 S.
kinderfernsehen


krieg und medien



Letzte Änderung: 25.11.2004
 
 
 
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